Ein Blick in die 1200-jährige Geschichte Schmiechens

Schmiechen, die südlichste Gemeinde des Landkreises Aichach-Friedberg, liegt auf einer risseiszeitlichen Altmoränenterrasse, die im Westen vom Lechtal begrenzt, im Osten vom Paartal durchschnitten wird. Im Süden steht an Föhntagen die Alpenkette zum Greifen nahe.  Die fruchtbaren Lößböden haben schon in der Jungsteinzeit im 5. Jahrtausend v. Chr. sesshafte Ackerbauern angezogen.

Erstmals taucht der Name Schmiechens vor 1200 Jahren in einer in das Jahr 804 datierten Schenkung zur Zeit des Bischofs Atto (783-811) auf.  Nach der lateinisch geschriebenen Urkunde übergab ein gewisser Hettilo sein Eigengut in Smeoha (propriam hereditatem … in loco, qui dicitur ad Smeoha) an die Domkirche St. Maria in Freising. Es kann kein Zweifel darüber bestehen, dass das Wort Smeoha ursprünglich den Bach gemeint hat, an dem der Ort entstanden ist.

Schon wenige Jahre später wird der Ort in den Traditionen an die Freisinger Kirche im Jahre 829 erneut erwähnt. Gut 200 Jahre später taucht im Jahr 1064 in einer Aufstellung von Gütern und Rechten der Augsburger Domkanoniker unter Bischof Embriko Schmiechen als Smiehon wieder auf. In dieser Zeit fiel der Ort an die Grafen von Dießen-Andechs. Mit Merboto und Odalricus erfahren wir auch Namen von Andechsischen Dienstmannen. Aus ihnen ging schließlich der Ortsadel der Herren von Schmiechen hervor, der im 14. und beginnenden 15. Jahrhundert zu den einfluss- und besitzreichsten, turnieradeligen Familien des Lechrains zählte. Häufig begegnen die Namen Heinrich und Stephan. Stephan der Jüngere (ca. 1390-1423) war der bedeutendste Spross dieses Geschlechts. Er war im Gefolge Ludwigs des Gebarteten 1391 an den französischen Königshof Karls VI., des Wahnsinnigen, gelangt und dort zum Hofmeister der Königin Isabeau aufgestiegen. Zusammen mit seinem Freund Johann von Burgund beteiligt er sich 1396 an einem Kreuzzug gegen die auf dem Balkan vordringenden mohammedanischen Türken. Nach der Niederlage der Christen bei Nikopolis entging er nur durch eine glückliche Fügung dem Henker.

Dieses Ereignis war wohl der Anlass für die Gründung der Wallfahrtskirche Maria Kappel südlich von Schmiechen um 1400. Mit Stephan dem Jüngeren hatte das Geschlecht der Herren von Schmiechen seinen Höhepunkt erlebt, zugleich aber in der männlichen Linie auch sein Ende gefunden. Über Stephans Tochter Elsbeth waren die Herren von Gumppenberg die neuen Herrn geworden. 1442 wurde Schmiechen zusammen mit Heinrichshofen und Unterbergen erstmals als eine aus einem Dorfgericht hervorgegangene Hofmark bezeichnet, in der Erhard von Gumppenberg die Niedere Gerichtsbarkeit innehatte.

Den bald stark zersplitterten Besitz kauften ab 1498 die bayerischen Herzöge Wolfgang und Georg der Reiche auf. Nach dem Tod Herzog Georgs und dem sich anschließenden Landshuter Erbfolgekrieg fielen den mit dem rechtmäßigen Herzog Albrecht IV. Verbündeten als Entschädigung für entstandene Kosten und angerichtete Zerstörungen umfangreiche Territorien zu. König Maximilian I. von Habsburg erhielt neben großen Gebieten im Südosten Bayerns auch die Hofmark Schmiechen. So kam Schmiechen für die nächsten 300 Jahre an das Haus Österreich.

Es ist hinreichend bekannt, dass Jakob Fugger der Reiche mit seinem Geld den Aufstieg der Habsburger zur europäischen Großmachtstellung erst ermöglicht hat. Dafür ließ er sich Bergwerksrechte verpfänden und beherrschte bald weltweit den Handel mit Silber und vor allem Kupfer. Mit einem weiteren Kredit von 50 000 Gulden ermöglichte er Maximilian den Aufstieg zum Kaiser. Als Gegenleistung verlangte er nun auch Grundbesitz. Am 6. Dezember 1506 tätigte Jakob Fugger der Reiche mit König Maximilian in Salzburg eine Kaufabrede hinsichtlich der Hofmark Schmiechen. Der endgültige Kauf erfolgte am 24. August 1509. Bereits 1507 hatte Jakob Fugger die Grafschaft Kirchberg und die Stadt Weißenhorn von Maximilian bekommen, die später für die fuggerische Linie der Grafen von Kirchberg-Weißenhorn Namen gebend wurden.

Schon kurz nach dem Erwerb der Hofmark Schmiechen begannen die Fugger ihren neuen Besitz auf Glanz zu bringen. Das wohl etwas heruntergekommene Wasserschloss wurde unter hohen Kosten renoviert, Teile wurden neu aufgebaut. Außerdem wurde die Verwaltung organisiert und begonnen, den Besitz in der Hofmark zu erweitern. Auch unter Hans Fugger setzte sich der Kauf von Sölden, Wiesen, Äckern etc. fort. Bald waren die Fugger die Grundherren von fast ganz Schmiechen und Unterbergen. Hans Fugger ließ nicht nur Schloss Kirchheim mit seinem prächtigen Zedernsaal erbauen, auch in Schmiechen investierte er große Summen. So ist es nicht verwunderlich, dass in einer Hofmarksbeschreibung aus dem Jahre 1598 zu lesen ist: alda zue Schmiehen ist ein Schön Schloß.

Der Dreißigjährige Krieg brachte den tiefsten Sturz, von dem man sich nicht mehr erholte. Fast alle Häuser waren abgebrannt, das Schloss ruiniert und geplündert, nur noch 25 Personen sollen in der ganzen Hofmark gewohnt haben! 1732 verzichtete Graf Aloysius Fugger, der rechtmäßige Nachfolger in der Kirchheimer Linie, zu Gunsten seines Bruders Cajetan auf die Fuggerherrschaft und zog sich ganz nach Schmiechen zurück, wo er bis zu seinem Tod 1773 ein zurückgezogenes und bescheidenes Leben führte. Mit seinen und der Fugger Beziehungen wurde in diesen Jahren Maria Kappel zum großartigen Rokoko-Kleinod.

Drei Kriege im 18. Jahrhundert taten das ihre, dass der Weg nicht mehr nach oben ging. Den letzten Schlag versetzte den Fuggern die von Napoleon veranlasste Umgestaltung Bayerns. Die Fuggerherrschaften Kirchheim, Weißenhorn, Babenhausen, Glött wurden Bayern einverleibt. Somit war auch Schmiechen, der Fuß in Bayern, nichts Besonderes mehr. Als zuletzt die Schlossgebäude einen so desolaten Zustand aufwiesen, dass ein Schlossflügel bereits abgetragen werden musste, als ferner kein Geld vorhanden war, die übrigen Gebäude zu restaurieren, aber auch ein Sinn fehlte, sie weiterhin in der Familie zu erhalten, als weiterhin selbst Verkäufe von Grundstücken und des Auwalds bei Unterbergen die Schulden des Fuggers kaum mindern konnten, verkaufte Joseph Hugo Fugger 1809 das uralte, ganz ruinöse, unbewohnbare Schloß, wie es im Kataster heißt, und die Hofmark Schmiechen für 80000 Gulden an Bischof Clemens Wenzeslaus von Augsburg, der alles daran setzte, Schmiechen möglichst schnell wieder loszuwerden und ja keinen Pfennig für irgend etwas ausgeben zu müssen.

In seiner Zeit als Hofmarksherr wurde zwischen 1808 und 1812 die heutige Pfarrkirche gebaut, die aber erst in den 50-er Jahren des 19. Jahrhunderts ihre Ausgestaltung durch den Historienmaler Ferdinand Wagner erhielt. Knapp zwei Jahre nach dem Tod des Bischofs wurde die Hofmark Schmiechen am 1. April 1814 versteigert. Nur 3 ½ Jahre war sie in den Händen des Bischofs bzw. der Erben gewesen. Neuer Besitzer wurde der kgl. bayerische Geheime Rat Klemens Wenzeslaus Freiherr von Thünefeld, von dem das Schloss 1827 bis auf den heute noch erhaltenen Rest abgebrochen werden musste, da es nicht mehr zu retten war.

In der Folge der Revolution von 1848 fanden auch die Hofmarken und die damit verbundenen Grundherrschaft und Parimonialgerichtsbarkeit ihr Ende. Alle Bauern erhielten das volle vererbbare Eigentum an ihrem Bauernhof gegen die Zahlung einer fest auf dem Besitz haftenden Abgabe, dem jährlich fälligen so genannten Bodenzins. Alle persönlichen Abhängigkeiten und Dienste, Scharwerke und Zehnte wurden ersatzlos gestrichen.
Die Eröffnung der Eisenbahnlinie von Augsburg nach Weilheim am 23. Dezember 1898 hatte für die genau zwischen Augsburg und Landsberg liegende Gemeinde eine Umorientierung zur Folge. Schmiechen wechselte am 1. Januar 1915 von Landsberg zum leichter erreichbaren Bezirksamt Friedberg. Die Gemeinde zählte zu diesem Zeitpunkt 359 Einwohner.

Mit Leopoldine Freiin von Thünefeld starb die Familie der Thünefeld 1937 aus. Nach der Erbfolge war Clara von Leonrod, geb. Freiin von Sazenhofen, Erbin des Besitzes in Schmiechen. Aus der Ehe von Clara von Sazenhofen mit Wilhelm Freiherrn von Leonrod gingen 2 Söhne hervor, Ludwig und Maximilian von Leonrod. Ludwig von Leonrod, der am 25.3.1943 in Ettal Monika Freiin von Twickel geheiratet hatte, gehörte zum Kreis des militärischen Widerstands gegen Hitler um Graf Stauffenberg. Nach dem Scheitern des Putsches wurde er am 26. August 1944 in Berlin-Plötzensee hingerichtet. Sein Bruder Maximilian von Leonrod starb 1947 in einem Rußland-Heimkehrer-Lazarett in Frankfurt an der Oder. Nach der Hinrichtung ihres Ehemanns heiratete Monika von Leonrod in 2. Ehe 1948 Johann Freiherrn von Wiedersperg. Seit 1950 darf die Familie in Erinnerung an den Widerstandskämpfer den Namen Freiherrn von Wiedersperg -Leonrod führen. Der Sohn Ferdinand hat heute noch im Schmiechener Schloss seinen Wohnsitz.

Die ersten Nachkriegsjahre sind gekennzeichnet von Problemen der Unterbringung der Evakuierten und Vertriebenen, wobei sich die Einwohnerzahl Schmiechens fast verdoppelt hat, und von Versorgungsproblemen. Doch schon bald ging es aufwärts, vor allem seit Einführung der DM 1948. Bereits Ende 1950 begann die Flurbereinigung in Schmiechen und Unterbergen, die 1956 abgeschlossen wurde. Die 60-er Jahre waren von vielen Aktivitäten gekennzeichnet. Es kann nur kurz angedeutet werden, was in diesen Jahren alles geleistet wurde:
1961 Neubaugebiet nördlich des Bahnhofs,
1962 Straßenbenennung,
1964 Zweckverband für die Wasserversorgung Schmiechens, ebenfalls
1964 Beginn des Ausbaus der Dorfstraße und Bau einer zentralen Abwasserversorgung. Als Schmiechen nun zum sehenswerten Dorf geworden war, beteiligte es sich dreimal überaus erfolgreich am Wettbewerb „Unser Dorf soll schöner werden“:
1967 wurde man Kreissieger,
1969 Regierungsbezirkssieger und errang im Landesentscheid eine Bronzemedaille. Nach einer kurzen Unterbrechung nahm die Gemeinde 1976/77 erneut an diesem Wettbewerb teil und errang den Titel des Kreis- und Bezirkssiegers, auf Landesebene wieder den Bronzeplatz.
Ein erster Preis wurde Schmiechen 1983 für das „Baumreichste Dorf“ verliehen. Doch auch Verluste waren zu verschmerzen: Im Juli 1970 verlor man nach fünf Jahrhunderten die eigene Schule und wurde nach Merching eingegliedert und spätestens ab 1980 verlor man einen eigenen Pfarrer. Doch die Gemeinde ließ sich nicht entmutigen. Im leer stehenden Schulhaus wurde 1973 ein Kindergarten eingerichtet. Mit dem Bau einer Mehrzweckhalle, die im November 1989 eingeweiht wurde, wurde ein vorbildliches Werk geschaffen, das besonders den Vereinen nützt. Zusammen mit Unterbergen weist die Gemeinde zur Zeit über 1100 Einwohner auf. Das bevorstehende 1200-jährige Jubiläum soll 2004 ein Höhepunkt in der Ortsgeschichte werden.
Dr. Hubert Raab